Im Finale der 2. Bundesliga Süd traf das Viernheimer Team heute auf die punktgleich mit uns auf dem ersten Platz liegende Mannschaft OSG Baden-Baden II. Die zweite Mannschaft des gerade gekürten neuen deutschen Meisters war uns an allen Brettern nominell überlegen (insgesamt ca. 700 Wertungspunkte Unterschied), was die Aufgabe nicht leichter machte.
Wir gingen daher mit dem nötigen Respekt in den Wettkampf, wollten aber jede sich ergebende Chance nutzen, um das vor Saisonbeginn fast Undenkbare doch noch wahr zu machen: Den Meistertitel in der 2. Bundesliga, und damit verbunden das Aufstiegsrecht in die höchste deutsche Spielklasse.
Der Wettkampf begann mit schwerblütigen Partien ohne schnelle Entscheidung; nach ca. 3 Stunden willigte Stefan Spiegel (Brett 7) bei minimal bequemerer Stellung in ein Remis durch Zugwiederholung gegen seine nominell deutliche stärkere Gegnerin ein. Kurz danach nutze Volker Jacob an Brett 8, in bereits leicht besserer Stellung, eine Unachtsamkeit seines Gegners zum sofortigen Sieg. Und etwas später einigte sich unser IM Andreas Mandel (Brett 5) mit seinem Gegner in ausgeglichener Stellung auf Remis. Zwischenstand also 2:1 für Viernheim, und an den anderen Brettern noch alles offen.
Mit knapper werdender Bedenkzeit forcierte sich nun die Partie von IM Maximilian Meinhardt (Brett 4) mit wechselseitigen taktischen Wendungen und einem sehenswerten Finale zum Sieg von Max (mehr dazu weiter unten). Unterdessen einigten sich GM Thal Abergel am zweiten und IM Günther Beikert am dritten Brett mit ihren jeweiligen Gegner auf Remis, nachdem sich beide Seiten keine entscheidenden Blößen geleistet hatten. Neuer Zwischenstand 4:2, und das erste kleine Wunder war für Viernheim geschafft - der Wettkampf konnte nicht mehr verloren werden, während die Meisterschaft zu diesem Zeitpunkt noch von den anderen Wettkämpfen abhing.
In der Folge zeigte sich aber, daß die präzise Verteidigung unseres Spitzenspielers GM Sebastien Maze in einem leicht schlechteren Damenendspiel halten würde, während Pierre Carbonnel an Brett 6 für seinen geopferten Bauern nicht genug Kompensationen erzielen konnte und sich, ebenfalls in einem Damenendspiel, am Ende geschlagen geben mußte.
Endstand im Spitzenduell somit 4,5:3,5 für unsere Mannschaft. Damit ist Viernheim I völlig unerwartet (aber sicherlich nicht unverdient angesichts der letzten Wettkämpfe) Meister der 2. Bundesliga Süd !
Verbunden damit ist das Aufstiegsrecht in die 1. Bundesliga, womit allerdings neben der sportlichen Herausforderung auch erhebliche organisatorische und finanzielle Verpflichtungen verbunden sind. Ob es für diese Herausforderungen ein überzeugendes Konzept und auch die nötigen Sponsoren geben wird, müssen nun die nächsten Wochen zeigen. Interessenten an einer Unterstützung des Vereins sind herzlich eingeladen, sich beim Vorstand des Schachclub Viernheim zu melden.
Nun zurück zu dem was auf den Brettern passierte, also die sehenswerte Gewinnführung von Maximilian Meinhardt an Brett 4.
M. Meinhardt - R. Strohaeker, nach 30.Th5.
Der weiße Turm hatte sich mutig in den Angriff eingeschaltet, droht aber auch gefangen zu werden. Nach dem umsichtigen 30. ... h6 hätte Schwarz vermutlich leichten Vorteil; er wollte den Turm auf h5 aber direkt bedrängen, und wählte dafür 30. ... g6 - mit der Idee, daß die "kleine Kombination" Txd5 nebst Dxf6 von Weiß daran scheitert, daß die weißte Dame nach dem schwarzen Dxd5 gefesselt ist, und Schwarz somit einfach eine Qualität gewinnt.
Warum war diese Einschätzung falsch ?
Es folge wie oben erwähnt 30. ... g6 31.Txd5 Dxd5 und nun 32.Le4 (hebt die Fesselung auf, und der Lf6 bleibt angegriffen) 32 ... Da2 mit Gegenangriff auf den Läufer b2.
Nun trotzdem 33.Dx6 Dxb2 und Schwarz hat wie geplant eine Qualität mehr:
Und nun folgte der entscheidende Schlag mit 34.h5. Den Bauern kann Schwarz nicht nehmen wegen 34. ... gxh5 34.Dh6 nebst Lxh7+, während Weiß 35.h6 nebst Matt droht. Es bleibt nur der Gegenangriff 34. ... De2 35.Lf3 Dc2, um die schwarze Dame nach f5 zu bringen. Weiter mit 36.h6 Kf8.
Hier würden voreilige Schachs auf g7 oder h8 den Sieg noch wegwerfen, stattdessen weitere Stellungsöffnung mit 37.d5! Df5 38.Dh8+ Ke7 und nun der krönende Abschluß mit 39.d6+ !
Diesen Bauern kann Schwarz nicht gut nehmen, da er nach 39. ... Txd6 40.Dxc8 einfach eine Figur weniger hat. In der Partie folgte 39. ... Kd7 40.Dd4 und der schwarze König kann mitten auf dem Brett nicht mehr verteidigt werden. Es folgte noch 40. ... Ta8 41. Db6 und Aufgabe - eine beeindruckende Angriffsleistung von Max !
Noch eine Nebenvariante: 32. ... Dh5 (Angriff auf den Turm d1) hilft auch nicht wegen 33.Dxf6 Dxd1 34.d5! und die lange Diagonale entscheidet.