Nach gut 1,5 Jahren Corona-bedingter Unterbrechung konnte im Oktober endlich die Saison 2019/2020 (inzwischen umbenannt in "2019/2021") der 1. Schachbundesliga zu Ende gespielt werden. Bei dem Event in Berlin zeigte das Viernheimer Team eine unter den schwierigen Umständen angemessene sportliche Leistung, und konnte sich in der Abschlusstabelle einen guten 5. Platz sichern; deutscher Meister wurde erwartungsgemäß das Team der OSG Baden-Baden.
Foto 1 - Der Spielsaal im Berliner Hotel proArte Maritim
1) Rückblick:
Am Donnerstag, 12. März 2020, wurde die laufende Saison der Schach-Bundesliga unterbrochen. Diese Nachricht kam angesichts der lokal und global zunehmend komplizierteren Corona-Lage nicht völlig überraschend, war jedoch insbesondere für den Schachclub Viernheim eine große Enttäuschung. Man hätte am folgenden Tag eigentlich die anreisenden Spieler des Vereins in Viernheim begrüßen wollen, um am Wochenende dann die große Heimrunde mit den Gästen der beiden Spitzenvereine aus Baden-Baden und Deizisau auszutragen. Stattdessen waren nun alle Vorbereitungen umsonst gewesen, den Spielern musste mitgeteilt werden, ihre Reise nach Deutschland bzw. nach Viernheim erst gar nicht anzutreten, und auch alle Hotel- und Restaurant-Buchungen sowie öffentliche Termine mussten abgesagt werden. Danach begann eine lange Zeit ohne echtes Spitzenschach, von mehr oder weniger offiziellen Online-Wettbewerben abgesehen.
Im Herbst 2020 erlaubt die pandemische Lage dann, kurz vor den neuen winterlichen Lockdowns, das Durchführen einer Ersatzveranstaltung für die Vereine der Bundesliga, in Form des Bundesliga-Meisterschaftsgipfels vor Ort an den Brettern in Karlsruhe. Der Schachclub Viernheim konnte dabei seine Spitzenspieler ohne Ausnahme nach Karlsruhe holen, und es herrschte allgemeine Freunde über das Wiedersehen und die Möglichkeit zu "richtigen" Wettkämpfen vor Ort, wenn auch leider ohne Zuschauer. Und auch sportlich wurde es aus Viernheimer Sicht mit dem Titel des deutschen Vizemeisters eine sehr gelungene Veranstaltung, nachdem man sich erst im direkten Vergleich dem favorisierten Team des vielfachen deutschen Titelträgers OSG Baden-Baden beugen musste.
Leider sollte es danach noch mehr als ein ganzes Jahr dauern, bis sich die Spieler und Mannschaften der 1. Schachbundesliga im Oktober 2021 endlich wieder treffen konnten.
2) Vorbereitungen:
In zahlreichen Video-Konferenzen wurde von den Organisatoren der Schachbundesliga und den Vereinen über viele Monate eine Lösung gesucht, die sowohl die Sicherheit aller Beteiligten garantiert, als auch eine sportlich ansprechende Veranstaltung ermöglicht. Nach diversen Planänderungen und Verschiebungen konnte dann endlich ein Termin Mitte Oktober 2021 festgelegt und ein Hotel in Berlin gebucht werden. Nicht völlig vermeiden ließen sich jedoch mehrere Anpassungen der Corona-bedingten Hygieneregelungen und damit der Voraussetzungen für eine Teilnahme der Spieler, sowie Überschneidungen mit mehreren anderen internationalen Wettbewerben.
Einige dieser Themen wurden kontrovers diskutiert, und manche der Maßnahmen wurden von den Vereinsvertretern und Funktionären durchaus unterschiedlich bewertet. Es muss jedoch auch festgehalten werden, dass es unter den komplexen Herausforderungen einer Pandemie und regelmäßigen Anpassungen behördlicher Vorgaben keine "optimale" Lösung geben kann, die die subjektiven Interessen aller beteiligten Parteien zufriedenstellen würde. Und neben der Schachbundesliga e.V. (vertreten durch Markus Schäfer und Ulrich Geilmann) soll insbesondere den lokalen Ausrichtern in Berlin (hier seien stellvertretend genannt: Rainer Polzin, Lars Tiede, Jörg Schulz, Christoph Nogly) ausdrücklich gedankt werden für das Bewältigen der organisatorischen und auch finanziellen Herausforderungen einer solchen Veranstaltung.
Für den Schachclub Viernheim und dessen Team stellten sich im Sommer 2021 vor allem diese Fragen: Welche Spieler sind verfügbar und nicht schon anderweitig gebunden?, welche Spieler sind nach EU-Standard geimpft bzw. für welche kann/muss eine solche Impfung noch organisiert werden?, liegen alle nötigen Visa vor bzw. können trotz Pandemie-Lage rechtzeitig ausgestellt werden?, werden außerhalb des EU-Raums vorgenommene Impfungen mit EU-Wirkstoffen in Deutschland anerkannt?, gibt es eine Teilnahmemöglichkeit für Spieler aus Hochrisikogebieten?, können auch Spieler teilnehmen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können?
Dank intensiven Studiums der sich wiederholt ändernden behördlichen Vorgaben, Kontaktaufnahme mit den Grenzbehörden, etc., war es letztendlich möglich, alle eingeplanten Spieler des Schachclub Viernheim tatsächlich nach Berlin zu bringen und einzusetzen. Und zumindest am Vorabend der Wettkämpfe war trotz Beachtung aller Corona-Auflagen sogar ein gemeinsames Mannschaftsessen möglich!
Foto 2 - Gemeinsames Abendessen am Anreisetag
3) Tag 1 - Runde 9 & 10:
Der erste Wettkampftag am Donnerstag begann aus Viernheimer Sicht direkt mit dem sportlichen Höhepunkt, in Form des Matches gegen den mutmaßlichen (und später auch tatsächlichen) alten und neuen deutschen Meister, OSG Baden-Baden. Es wurde dabei schnell klar, dass die OSG nicht nur den nominell deutlich stärkeren Kader hat, sondern auch weniger als Viernheim durch Spielerausfälle geschwächt war. Obwohl Viernheims Spitzenbretter Shakhriyar Mamedyarov (gegen Maxime Vachier-Lagrave) und Vladimir Malakhov (gegen Viswanathan Anand) souverän remisierten, setzte sich insgesamt die höhere Klasse von Baden-Baden durch und Viernheim musste bei 6 Remisen und 2 Verlustpartien eine insgesamt leistungsgerechte 3:5-Niederlage hinnehmen.
Foto 3 - Die Spitzenbretter von OSG Baden-Baden und Schachclub Viernheim: Viswanathan Anand, Maxime Vachier-Lagrave, Vladimir Malakhov, Shakhriyar Mamedyarov (von links nach rechts).
Wenig später startete dann schon das zweite Match der für alle Beteiligten besonders anstrengenden Doppelrunden, und es ging gegen den späteren Vizemeister aus Deizisau. Die sportliche Ausgangslage war vergleichbar mit der am Vormittag, wobei der nominelle Abstand aber etwas geringer war. Und dies sollte sich auch im knapperen Endergebnis mit einer 3,5:4,5-Niederlage aus Viernheimer Sicht widerspiegeln, wobei vor allem Shakhriyar Mamedyarov am Spitzenbrett ein glanzvoller Sieg gegen Gata Kamsky gelang. Einer weiteren Gewinnpartie von Igor Kovalenko standen jedoch insgesamt 3 Verlustpartien gegenüber, wodurch nach langem Kampf das knappe Endergebnis resultierte.
Foto 4 - Shakhriyar Mamedyarov (vorne links) zu Beginn seiner Glanzpartie gegen Gata Kamsky; im Hintergrund Vladimir Malakhov gegen Andreas Heimann
Anders als bei früheren Anlässen konnte es bedingt durch den anspruchsvollen Austragungsmodus leider kein tägliches gemeinsames Abendessen des gesamten Teams geben, aber zumindest in kleinen Gruppen konnten sich die Spieler und Betreuer stärken bzw. mit einer frühen Nachtruhe auf den nächsten Tag vorbereiten.
Foto 5 - Ganz ohne einen kleinen Snack nach der Abendrunde ging es dann aber auch nicht ...
4) Tag 2 - Runde 11 & 12:
Die Sorge, dass sich die erwartbaren Niederlagen am Vortag auf die Moral des Teams auswirken könnten, wurde zum Glück nicht bestätigt. Der morgendliche Wettkampf am Freitag gegen Mülheim-Nord war nominell in etwa ausgeglichen, nachdem beide Teams einigen der am Vortag doppelt geforderten Spielern eine Auszeit gönnten. Dank einer guten Leistung gelang den Viernheimern ein sicherer Sieg mit 5:3, wobei Igor Kovalenko und Josefine Heinemann die vollen Punkte beisteuerten, während keine Partie verloren wurde.
Foto 6 - Zwischen den Runden wird Jörg Schulz (Deutsche Schachjugend) von Gabriel Pfenning (Schachclub Viernheim) interviewt
Etwas enger wurde es dann am Nachmittag im Wettkampf gegen Solingen, dem späteren 4. der Abschlusstabelle. Den vollen Punktgewinnen von Bassem Amin und Fabien Libiszewski stand eine Verlustpartie gegenüber, so dass es am Ende für einen knappen Sieg mit 4,5:3,5 reichte.
Trotz dieses Erfolges im direkten Vergleich zeichnete sich jedoch bereits ab, dass der Vorsprung von Solingen in der Tabelle zu groß sein würde, um noch den 4. Platz erreichen zu können - während anderseits auch keine echte Gefahr mehr durch die auf Platz 6 hinter Viernheim liegenden Kieler bestand.
5) Tag 3 - Runde 13 & 14:
Foto 7 - Spieler und Betreuer vor dem Match gegen SV Aachen
Gegen das sehr sympathische, sportlich in der 1. Bundesliga aber weitgehend chancenlose Team des SV Aachen schonten die Viernheimer am Samstag dann die meisten ihrer Spitzenspieler und traten - wenn auch leicht favorisiert - zu einem offenen Wettkampf an. Und bei diesem wurden auf Viernheimer Seite mit Josefine Heinemann und Annmarie Mütsch auch die beiden einzigen Damen eingesetzt, die im Rahmen des Events in Berlin von den Mannschaften der Bundesliga nominiert waren. Nach wechselhaftem Verlauf und Gewinnpartien von Maximilian Meinhardt und Zigurds Lanka, sowie zwei Verlustpartien, stand am Ende ein 4:4, über das sich vor allem die engagierten Aachener Spieler sehr freuten.
Foto 8 - Annmarie Mütsch kommentiert ihre Partie für den YouTube-Kanal des Vereins
Das nachmittägliche Duell mit Werder Bremen war sportlich für beide Teams nicht mehr besonders relevant, trotzdem stellten beide Mannschaften noch einmal einige ihrer Spitzenspieler auf. Am Spitzenbrett remisierte dadurch Shakhriyar Mamedyarov gegen Luke McShane, während Igor Kovalenko einen weiteren vollen Punkt einfuhr. Da das Viernheimer Team aber auch zwei Verlustpartien verbuchen musste, war das Endergebnis eine knappe Niederlage mit 3,5:4,5.
In der abschließenden sonntäglichen Runde 15 war der Schachclub Viernheim aufgrund des Rückzugs von SV Lingen dann spielfrei, und beendete die Corona-geprägte Saison 2019/2021 mit einem soliden 5. Platz.
6) Abschluss und Ausblick
Nach dem Ende der anstrengenden sportlichen Wettkämpfe, mit drei Doppelrunden in drei Tagen, konnte sich das gesamte anwesende Viernheimer Team am späteren Samstag Abend dann endlich wieder zu einem gemeinsamen, abschließenden Mannschaftsessen treffen. Und zur Freude aller Beteiligten wurden die Südhessen dabei von der kompletten Delegation ihres Sponsors d-fine begleitet, der neben der Unterstützung für Viernheim auch unabhängig davon als einer der Sponsoren der Endrunde in Berlin auftrat.
Foto 9 - Gemeinsames Abendessen der Teams von Schachclub Viernheim und d-fine
In dieser Rolle hat die Frankfurter Unternehmensberatung d-fine nicht nur am Sonntag die "1. d-fine Offene Berliner Betriebsschachmeisterschaft" ausgerichtet, sondern konnte sich mit einer starken eigenen Mannschaft auch gleich noch den Titel sichern - herzlichen Glückwunsch! Und bereits am Samstag wurde die "2. d-fine Offene Hochschul-Schnellschachmeisterschaft" ausgetragen, die von Emil Schmidek gewonnen wurde.
Foto 10 - Der Spielsaal für die "d-fine Offene Hochschul-Schnellschachmeisterschaft"
Es war für alle Beteiligten Vereine, Mannschaften, Spieler und Funktionäre eine in vieler Hinsicht ungewöhnliche Saison, und der Schachclub Viernheim ist insbesondere seinem Sponsor d-fine dafür dankbar, dass dessen Unterstützung auch in schwierigen und herausfordernden Zeiten niemals in Frage stand.
Die 1. Schachbundesliga wird sich nach einigen Rückzügen (unter anderem des Drittplatzierten SV Hockenheim), und Zugängen spielstarker Aufsteiger, in der neuen Saison 2021/2022 mit einem deutlich anderen Gesicht als vor der Corona-Pandemie zeigen, und auch bei den aktuell noch unbekannten Aufstellungen für die im Januar 2022 startende Saison wird es sicherlich noch einige Überraschungen und Änderungen bei den einzelnen Vereinen geben.
Aus Sicht des Schachclub Viernheim bleibt es daher spannend abzuwarten, welche sportlichen Ziele mit seinem ausgewogenen Spielerkader und dank der Unterstützung seines Sponsors d-fine in Zukunft angestrebt werden können.
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Ergänzende Informationen:
Alle Einzel- und Mannschaftsergebnisse der Saison 2019/2021 können im Ergebnisdienst des Deutschen Schachbundes nachgelesen werden:
https://ergebnisdienst.schachbund.de/saison2019-21/bedh.php?liga=bl
Homepage der Schachbundesliga e.V.:
https://www.schachbundesliga.de
Homepage des Bundesliga-Events in Berlin 2021:
Homepage des Schachclub Viernheim:
https://www.schachclub-viernheim.de
Homepage der Unternehmensberatung d-fine:
Kontaktpersonen des Schachclub Viernheim:
Stefan Schmidt, 1. Vorsitzender; Email:
Stefan Martin, 2. Vorsitzender und Mannschaftsführer Bundesliga; Email:
Stefan Spiegel, Kassenwart und Co-Mannschaftsführer 1. Bundesliga; Email: