Für den Schachclub Viernheim ging es in der 1. Bundesliga am vergangenen Wochenende zur dritten Doppelrunde der höchsten deutschen Spielklasse nach München. Orkan "Sabine" war da schon so langsam im Anmarsch, aber das sollte erst am Sonntag nach den Wettkämpfen eine Rolle spielen.
Bei dem vom Team des FC Bayern München bestens ausgerichteten Wochenende begann es für die Viernheimer am Samstag Nachmittag mit dem Match gegen die Gastgeber. Zwischen den beiden nominell annähernd gleich stark angetretenen Mannschaften entwickelte sich ein spannender Wettkampf, bei dem GM Yuriy Kryvoruchko an Brett 2 mit Schwarz gegen seinen wenig Risiko eingehenden Gegner nicht mehr als ein sicheres Remis im Endspiel herausholen konnte. Die erste Verlustpartie mussten die Südhessen dann an Brett 8 hinnehmen, wo WIM Annmarie Mütsch mit den schwarzen Figuren von ihrem sowohl erheblich spielstärkeren als auch erfahreneren Gegner strategisch überzeugend ausgespielt wurde.
Danach willigte IM Maximilian Meinhardt (Brett 7, Weiß) in ein Remis ein, nachdem er einen überwiegend kosmetischen Vorteil nicht entscheidend ausbauen konnte und der Wettkampf zu diesem Zeitpunkt trotz des Rückstandes auch noch gut aussah. Nicht eingeplant war dagegen der kurz danach zu konstatierende Verlust von GM Sergey Fedorchuk (Brett 4, Schwarz), der in beiderseitig höchster Zeitnot und einer ziemlich unübersichtlichen (aber leicht vorteilhaften) Stellung die Partie einzügig einstellt. Zwischenstand somit 1:3 aus Sicht des Schachclub Viernheim.
GM Sebastien Maze (Brett 5) hatte mit Weiß in der Eröffnung viel Zeit investiert, ohne einen klaren Vorteil herausspielen zu können. Diese Bedenkzeit fehlt ihm dann, um in der taktisch anspruchsvollen kritischen Partiephase den Überblick zu behalten, so dass er kurz nach der Zeitkontrolle aufgeben musste. Den Anschlusstreffer schaffte danach GM Igor Kovalenko an Brett 3, der mit Weiß gewohnt kreativ und aggressiv spielte, und seinen Gegner unter Figurenopfer bezwingen konnte.
Bei dem damit erreichten Zwischenstand von 2:4 war aber klar, dass die Viernheimer diesen Wettkampf verlieren würden: GM Vladimir Malakhov am Spitzenbrett hatte, entgegen seiner sonst äußerst sicheren Spielweise, mit Weiß einen Bauern eingestellt und musste seine ganze Klasse im Endspiel zeigen, um die Partie dank teilweise studienartiger Wendungen doch noch in ein Remis zu retten. Und auch GM Fabien Libiszewski (Brett 6, Schwarz) einigte sich nach wechselhaftem Verlauf letztendlich mit seinem Gegner auf eine Punkteteilung.
Der Endstand 3:5 ist aus Viernheimer Sicht angesichts des Wettkampfverlaufs vielleicht einen halben Punkt zu hoch ausgefallen, aber insgesamt geht der Sieg der Münchner Bayern in diesem Match wohl in Ordnung.
Vom Abendessen in einem rustikal-bodenständigen Restaurant gestärkt, galt es für den Schachclub Viernheim dann am Sonntag Morgen gegen das nominell leicht schwächere Team des BCA Augsburg einen Sieg einzufahren. Und ein guter Start war dafür das sichere Remis von Annmarie mit Weiß an Brett 8, gefolgt von einem schönen Schwarzsieg von Sebastien an Brett 5 und einem ebenso sicheren Remis mit Schwarz von Vladimir am Spitzenbrett.
Ebenfalls ins Remis in einem ausgeglichenen Endspiel willigte etwas später Igor ein (Brett 3, Schwarz), während Yuriy an Brett 2 mit Weiß wohl gar nicht so gut stand, wie es optisch aussah, und ein etwas zu hohes Risiko einging. Nachdem sein Gegner den nur in der späteren Computeranalyse "einfach" zu findenden Gewinn ausgelassen hatte, fand Yuriy aber eine schöne taktische Wendung, um das sofortige Remis durch Zugwiederholung sicherzustellen. Etwas später erhöhte Fabien an Brett 6 dann mit einem positionell überzeugenden Weiß-Sieg auf 4:2 für die Viernheimer.
Sergey kam an Brett 4 mit Weiß nach zunächst überzeugender Partieführung wieder in (vermeidbare?) Zeitnot und verdarb seine glatte Gewinnstellung doch noch zu einem Remis. Und bei bereits gewonnenem Wettkampf hatte Max nun die undankbare Aufgabe, nach zwischenzeitlich leichtem Vorteil seine mittlerweile unter Druck stehende Stellung in der letzten und längsten Partie des Tages zu verteidigen. Trotz kreativer Verteidigung und temporären Ausgleichs gelang dies am Ende leider nicht, und Max musste doch noch aufgeben. Endstand des Wettkampfes somit ein verdientes und sicheres 4,5:3,5 für den Schachclub Viernheim, wobei hier gefühlt auch ein halber Punkt mehr verdient gewesen wäre.
Die Südhessen liegen damit auf dem 6. Platz im vorderen Mittelfeld der Bundesliga, während für einige Spieler der spannende Teil des Wochenendes erst am Sonntag Abend begann: Orkan "Sabine" war mittlerweile auf dem Weg nach Bayern, und nur die schon sonntags abreisenden Spieler und Betreuer kamen noch problemlos nach Hause. Für die anderen wurde es am Montag ein nicht geplanter langer Tag auf dem Bahnhof bzw. dem Flughafen, und die letzten waren leider erst am Dienstag Nachmittag endlich wieder in ihren heimischen Gefilden.
Am 22.-23. Februar geht es schon weiter mit der Doppelrunde in Aachen, bei der der Schachclub Viernheim auf die starken Teams SF Berlin und USV TU Dresden treffen wird - dann hoffentlich ohne Wetterkapriolen ...